Photovoltaikanlagen auf denkmalgeschützten Kirchen und Gebäuden

Denkmalschutz und Photovoltaikanlagen schienen sich lange auszuschließen. Inzwischen ist im Rahmen der Energiewende etwas Bewegung in die Sache gekommen.

Solaranlagen auf einer Fläche

Lange Zeit schienen sich in Deutschland Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) auf denkmalgeschützten Gebäuden – wie etwa Sakralbauten – als Folge des Denkmalschutzes nicht mit diesem vereinbaren zu lassen. Im vergangenen Jahr hat es hierzu nach Jahren des Stillstandes in dieser Thematik jedoch erstaunliche Wendungen und Entwicklungen gegeben, die zukünftig nun die Errichtung von PV-Anlagen trotz und zusammen mit dem Denkmalschutz ermöglichen.

Neben den gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen – Erreichung der Klimaschutzziele im Lichte des Pariser Klimaschutzabkommens sowie die Auswirkungen des Ukrainekrieges auf die Energiemärkte – sind hierbei aus kirchlicher Sicht vor allem zwei Akteursebenen zu betrachten. Auf der einen Seite die zuständigen Denkmalschutzbehörden der einzelnen Bundesländer, zum anderen der kirchliche Denkmalschutz respektive die hierfür verantwortlichen kirchlichen Bauämter sowie aus evangelischer Perspektive die Konferenz der Bauamtsleitenden der EKD-Gliedkirchen.

Mit dem so genannten „Osterpaket“ der Bundesregierung im Frühjahr 2022 zum beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und der im Juli desselben Jahres in Folge beschlossenen Neufassung des seit mehr als 20 Jahren existierenden Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) haben sich die politisch gesetzten Rahmenbedingungen deutlich gewandelt (siehe hierzu: https://bit.ly/3XTdfDs). Die EEG-Novelle hat nun vor allem den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien im Fokus und orientiert sich dabei am 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens (siehe hierzu: https://bit.ly/3SnpVSg). Dazu heißt es in § 2 des novellierten EEG (https://bit.ly/3IKQ6Po ):
„Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden.“

Das bedeutet für die Praxis, dass immer dann, wenn eine rechtliche Abwägung zwischen erneuerbaren Energien und Denkmalschutz notwendig ist, nun dem Ausbau der erneuerbaren Energien der Vorzug zu geben ist. Zudem gelten für PV-Anlagen seit Sommer vergangenen Jahres höhere Vergütungssätze (siehe hierzu: https://bit.ly/41fMJat).

Bei der Tagung der Bauamtsleitenden der EKD-Gliedkirchen im April 2022 wurde von diesen das Papier „PV-Anlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden und Kirchendächern – Position der Bauamtsleitenden der EKD-Gliedkirchen“ erarbeitet.
Darin heißt es in der Präambel: „Die Konferenz der Bauamtsleitenden der EKD bekennt sich klar zu Photovoltaik (PV) auf kirchlichen Gebäuden:PV-Anlagen sind ein wesentlicher Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität der Evangelischen Kirche und somit zur Erreichung der kirchlichen Klimaziele. Auch Kirchendächer und Dächer anderer denkmalgeschützten Gebäude müssen dafür betrachtet werden. Wir als Kirche sehen uns in einer besonderen Verantwortung und Vorbildfunktion zur Bewahrung der Schöpfung.“

Zudem werden in dem Papier unter anderem die nachfolgenden Aspekte benannt:

  • „Alle Gebäude, auch die Mehrzahl an denkmalgeschützten Gebäuden der Evangelischen Kirchen, bieten große Potentiale zur Errichtung von PV-Anlagen. Somit sind alle für die Installation einer PV-Anlage geeigneten Dachflächen zu betrachten und die Planung und Realisierung ist konsequent voranzutreiben.
  • Bei Instandsetzungen und Modernisierungen sollen Dächer so hergerichtet werden, dass PV-Anlagen montiert oder später unkompliziert nachgerüstet werden können. Die PV-Anlagen sollen reversibel sein.
  • Heutige PV-Anlagen sind eine zu akzeptierende Zeitschicht. Sie sind darum wie andere notwendige Bauteile zu betrachten.
  • PV-Anlagen auf Sakralgebäuden müssen dem besonderen Anspruch dieser Gebäude gerecht werden. Sie müssen deshalb auf die Gestaltung des Gebäudes Rücksicht nehmen und sind als ruhige und gleichmäßige Flächen zu konzipieren.
  • Generell müssen PV-Anlagen auf Denkmalen denkmalrechtlich abgestimmt werden. Sie sind hinsichtlich Farbigkeit, Mattigkeit, Kleinteiligkeit und Geometrie gestalterisch überzeugend in das Gebäude einzufügen. Wenn das gegeben ist, ist z.B. Einsehbarkeit aus Sicht der Kirchen kein Ausschlusskriterium.
  • Beim Einbau von PV-Anlagen darf die erhaltenswerte denkmalgeschützte Bausubstanz allerdings nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
  • Die technischen, baukonstruktiven Voraussetzungen (Statik, Elektrik, Brandschutz) sowie auch die wirtschaftlichen und finanziellen Voraussetzungen müssen gegeben sein.“

Eine ganze Reihe von Bundesländern – etwa Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg – haben entsprechende Gesetzesänderungen beschlossen, die die Installation von PV-Anlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden nun zukünftig erleichtern sollen.
So hat das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg im Juli 2022 neue Leitlinien zur Installation von PV-Anlagen auf Kulturdenkmalen erlassen. Darin ist festgelegt, dass die Genehmigung regelmäßig zu erteilen ist, wenn sich die Solaranlagen der eingedeckten Dachfläche unterordnen und möglichst flächenhaft sowie farblich abgestimmt angebracht werden. Weiter heißt es hierzu von Seiten des Ministeriums:
„Wer eine Solaranlage an oder auf einem Kulturdenkmal (nach § 2 Denkmalschutzgesetz) errichten will, braucht dafür grundsätzlich eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung. Die neuen Leitlinien des Ministeriums dienen dabei als Handreichung und Entscheidungshilfe. Sie stellen klar: Die Genehmigung ist ´regelmäßig zu erteilen´. Nur bei einer ´erheblichen Beeinträchtigung´ des Kulturdenkmals kann anders entschieden werden.“

Weitere Infos sind unter https://bit.ly/3ShHRxr abrufbar.

Im Denkmalschutzgesetz des Landes Nordrhein-Westfalens vom 1. Juni 2022 werden ebenfalls entsprechende Rahmenbedingungen neu festgelegt. Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen hat hierzu einen Erlass mit „Entscheidungsleitlinien für Solaranlagen auf Denkmälern“ auf den Weg gebracht (siehe: https://bit.ly/3XMjw3P). In der Meldung hierzu heißt es
„Wer eine Solaranlage an oder auf einem Denkmal errichten will, braucht dafür grundsätzlich eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis. Grundsätzlich besteht nach dem nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetz ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Erlaubnis. Diese liegt nicht im Ermessen der Erlaubnisbehörde. Das bedeutet, dass Solaranlagen grundsätzlich zu erlauben sind, wenn sie keine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals darstellen.“

Weitere Angaben zu den Rahmenbedingungen sind unter https://bit.ly/3SmeQk0 verfügbar.

Auch das bayerische Denkmalschutzgesetz wurde zum Jahresende entsprechend überarbeitet:
"Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Denkmalbereich und Maßnahmen zur energetischen Verbesserung von Baudenkmälern sollen regelmäßig ermöglicht werden, soweit sie denkmalverträglich sind.“

Weitere Informationen werden unter https://bit.ly/3SilJTI bereitgestellt.

Weitere Bundesländer sind den drei genannten Beispielen einer Anpassung der Denkmalschutzvorgaben zugunsten der Möglichkeit der Montage von PV-Anlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden gefolgt oder sind in der entsprechenden Planung einer solchen Änderung. Als lesenswerte Broschüren sei an dieser Stelle auf eine Publikation der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland „Photovoltaik für Kirchgemeinden und Kirchenkreise“ aus dem Dezember 2022 (https://bit.ly/3Shp19L) sowie eine Handreichung der Evangelischen Kirche im Rheinland „Mit Solarstrom die Zukunft nachhaltig gestalten“ (https://bit.ly/3IlDw7N) hingewiesen. Ebenfalls sind zwei Artikel mit konkreten Praxisbeispielen zu erwähnen: https://bit.ly/3Zec3vN und https://bit.ly/3Koywlz.

Dr. Oliver Foltin, Fachstelle Umwelt- und Klimaschutz der EKD